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13.04.2016

Neues von Redtube

„Porno als Präzedenzfall?“, so titelt die Süddeutsche Zeitung in ihrer heutigen Online-Ausgabe. Das neue Justizministerium hat auf eine kleine Anfrage der Fraktion „Die Linke“ mitgeteilt, sie halte das bloße Ansehen von Videostreams (Streaming) für rechtmäßig. Mit dieser Frage werden sich demnächst wohl die deutschen und die europäischen Gerichte zu befassen haben.

Zur Erinnerung: Ende 2013 hatte die Regensburger Kanzlei Urmann & Collegen tausende Abmahnungen an deutsche Internetnutzer verschickt, die auf dem Erotikportal Redtube Sexfilme betrachtet haben. Nach Ansicht der Kanzlei (und deren Auftraggeber) haben die Nutzer durch das Streaming der Filmchen gegen das Urheberrecht verstoßen. Dieser Ansicht ist die Bundesregierung nunmehr entgegengetreten.

Dabei ist schon die ordnungsgemäße Ermittlung der IP-Adressen der Nutzer mehr als fraglich. Immerhin haben einige Richter dem Begehren der Kanzlei, ihr die Postadressen von Internetnutzern mitzuteilen, deren IP-Adresse angeblich durch ein Ermittlungsprogramm erlangt wurde, nicht stattgegeben. Ob das nur auf richterliche Nachfrage von den Abmahnern vorgelegte Gutachten (solche anspruchsbegründenden Gutachten werden in der Regel freiwillig vorgelegt) geeignet war, die ordnungsgemäße Ermittlung der IP-Adressen nachzuweisen, erscheint fraglich: denn beim Streaming kommuniziert der Nutzer lediglich mit dem Server, auf dem der Film gespeichert ist. Wie sich das Programm in diesen zweiseitigen Prozess einschalten soll, haben einige der Richter und auch viele Fachleute bis heute nicht verstanden.

Die Kölner Richter prüfen derzeit, ob das Gutachten der Öffentlichkeit bekannt gegeben wird. Ob eine Ermittlung von IP-Adressen rechtmäßig erfolgen kann, halten viele Experten für ausgeschlossen. Nach der Süddeutschen Zeitung werfen einige Juristen dem Abmahn-Netzwerk um Urmann & Collegen sogar bandenmäßigen Betrug vor.

Auch wenn die Kanzlei derzeit nach eigener Aussage keine Abmahnungen mehr verschickt, hat sie dies für die Zukunft alles andere als ausgeschlossen. Unser Rat lautet, keinesfalls die Abmahngebühren zu bezahlen und gegebenenfalls anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Nach wie vor sind in diesem Fall viele Sachverhaltsfragen ungeklärt.